Bernhard Overberg - der Namenspatron unserer Schule
* 01.05.1754 in Höckel bei Osnabrück
+ 09.11.1826 in Münster
Die allgemeine Situation der Schulentwicklung zur Zeit des Pädagogen Overberg
Im Jahre 1675 ordnete Christoph Bernhard von Galen, Bischof von Münster, in allen Städten und Gemeinden seines Bistums die Gründung und Einrichtung von Schulen an. Die Hauptfächer Lesen, Schreiben und Rechnen wurden gelehrt, die wichtigste Stellung jedoch nahm vor allen anderen Fächern der Religionsunterricht ein.
Im Verlaufe der nächsten hundert Jahre machte die Erziehung und Bildung in den katholischen Ländern die organisatorischen und methodischen Fortschritte, die durch die Reformbestrebungen der Aufklärung und des Humanitätszeitalters zu Stande kamen, zu eigen, blieb aber den Lehren des katholischen Glaubens und den damit verbundenen Erziehungs- und Bildungszielen treu. Diesterweg, zum Beispiel, lehnte den konfessionellen Religionsunterricht in den Schulen ab und räumte den formalen Bildungszielen einen höheren Stellenwert ein. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts verschlechterten sich die äußeren Vorbedingungen für die Bildungspflege in den katholischen Ländern:
- Der Jesuitenorden wurde aufgehoben und seine Bildungsanstalten wurden geschlossen.
- Der Besitz der Klöster und des Domkapitels wurde verstaatlicht.
- Die Kirchengüter wurden eingezogen (Säkularisation 1801-1803).
- Die geistlichen Fürstentümer verschwanden.
- Das katholische Leben wurde von der Regierung erschwert.
Die steten Reglementierungen und Behinderungen führten die Kirche in eine Notlage. Aber gerade diese ausweglos scheinende Situation regte sie zu außerordentlichen Aktivitäten an. In Münster z. B. wurde der Generalvikar Franz von Fürstenberg als Minister mit der Leitung des Bistums betraut. Seine Sorge für das Bildungs- und Erziehungswesen war vorbildlich. Alle in Münster geschlossenen Bildungs- und Ausbildungsstätten ersetzte er durch neue Einrichtungen mit neuen Bildungskonzepten (Gymnasium, Landesuniversität, Priesterseminar usw.) Sein wohl bedeutsamstes Werk ist die Errichtung der Normalschule (Bildungsanstalt für Lehrer) in Münster im Jahre 1783. Nach der Niederlegung seines Ministeramtes behielt er als Generalvikar die Verwaltung des Schulwesens als Aufgabe. In den Jahren 1776 und 1801 gab er Schulordnungen heraus, vorbildlich durchdachte und organisch aufbauende Verwaltungsmaßnahmen.
Bernhard Heinrich Overberg, Leiter der Normalschule in Münster
Zum Leiter der neu errichteten Normalschule in Münster wurde Bernhard Heinrich Overberg ernannt, der als Kaplan in Everswinkel tätig war. Overberg war bekannt geworden durch seine hervorragenden Katechesen für Kinder, die er stets sehr sorgsam vorbereitete. Schon zu dieser Zeit vermied er die sturen Methoden des geistlosen Auswendiglernens unverstandener Texte und des anschließenden Abfragens, das bei Misserfolgen in damaliger Zeit mit der Verabreichung einer kräftigen Prügelstrafe endete. Wie schwer nämlich manchem Kind das Lernen und das Begreifen fällt, hatte er selbst als Schulkind erlebt. Erst spät wechselte er von der Volksschule zum Gymnasium über, um dann Theologie zu studieren. Sein besonderes Interesse galt daher auch dem Religionsunterricht in der Schule.
In den allgemeinen Volksschulen herrschten zu damaliger Zeit arge Missstände, die nach Fürstenbergs Meinung in der fehlenden Ausbildung und der mangelnden Eignung begründet waren. Bewerben als Lehrer konnte sich jeder Handwerksbursche, der des Lesens, Schreibens und des Rechnens in den vier Grundarten kundig war und den Katechismus einigermaßen zu erklären vermochte. In der Lehrerwahl, die vor der Gemeinde stattfand, musste der Kandidat zwei Kirchenlieder vorsingen, drei Handschriften lesen, Katechismusantworten aufsagen und ein Diktat von drei Zeilen schreiben. Begehrenswert war diese Stellung nicht besonders, da eine geregelte Mindestbesoldung, von der er hätte leben können, fehlte.
Ab 1783 fand an Overbergs Normalschule für jeden Lehrer ein zehnwöchiger Kurs statt, in dem er mit dem Volksschulunterricht vertraut gemacht wurde, Lehrmethoden der Zeit kennen lernte und erfuhr, welche Normen für seine Arbeit auf dem Lande galten. Erst achtzehn Jahre später wurden auch Lehrerinnen zur Ausbildung zugelassen, da das Interesse an Mädchenschulen immer stärker wuchs.
Overberg war den pädagogischen Ansichten seiner Zeit weit voraus. Anders als in den benachbarten Ländern ging seine Pädagogik vom Kinde aus, und der Lehramtsbewerber musste über die oben geforderten Kenntnisse hinaus "Geschick in der neuen Lehrart Overbergs" beweisen, d. h., in einem weitgehend schülerorientierten Unterricht zeigen.
Die Fürstin von Gallitzin im Kreis ihrer Freunde (im Hintergrund Bernhard Overberg mit geneigtem Kopf)
Nach 1800 galt Bernhard Overberg als Leiter der Normalschule, Regens des Priesterseminars, Schulorganisator und pädagogischer Schriftsteller als der bedeutendste Reformer des katholischen Volksschulwesens in Westfalen. Er gehörte dem Literaturkreis der Fürstin von Gallitzin an. Seine Werke "Anweisungen zum zweckmäßigen Schulunterricht für die Schullehrer im Hochstifte Münster" (1793), seine Biblische Geschichte des Alten und Neuen Testaments (1799) und sein neuer Katechismus ("Christkatholisches Religionshandbuch" 1804) enthalten eine Fülle wertvoller pädagogischer Ratschläge, die heute von selbstverständlicher Gültigkeit sind (Strukturierung des Unterrichtsinhalts, Planung der Lernschritte, kritische Überprüfung des Ergebnisses und des Lehrerverhaltens, Förderung der Selbsttätigkeit und Zusammenarbeit der Kinder, Förderung lernschwacher Schüler usw.).
- "Ein Lehrer muss nicht beständig allein reden, wie es die Prediger auf der Kanzel zu tun pflegen. Die Kinder müssen oft zum Reden kommen. Das Unterrichten muss durch freundschaftliches Gespräch mit den Kindern und nicht durch bloßes Vorreden geschehen. Dabei muss sich der Lehrer ganz der verschiedenen Fassungskraft und Denkungsart der Kinder anpassen. Er muss dabei lieber die Kinder als sich selber sprechen hören." (41)
- "Euer Unterricht wird am besten sein, wenn ihr die Kinder über das, was sie lernen sollen, zum Selbstnachdenken und Selbstfinden zu bringen sucht."
- "Lernet eure Schüler kennen, und richtet euch soviel möglich ist, nach eines jeden Beschaffenheit und Umständen. Um eure Schüler recht kennen zulernen, müsset ihr bemerken, dass die Kinder überhaupt viel Eigenes an sich haben, welches man sich wohl bekannt machen muss, wenn man sie nicht unrecht beurteilen und behandeln will."
- "Richte dich nach den Fähigkeiten, Gemütsarten und äußeren Umständen deiner Schüler."
Beispiele aus "Anweisung zum zweckmäßigen Schulunterricht…" s. o., Bernhard Overberg)